Mittwoch, 15. April 2009

Schrottlesen

Ganz und gar nicht interessant ist, den Lesefluss zu verfolgen, da nicht zu dahinter kommen ist, wie es sich damit verhält – mal kriegt man nicht davon genug, Seite um Seite in sich hinein zu futtern, wissen wollend, wie es weitergeht und manchmal erwischt man sich mitten im Sammeltrieb gefangen, beim Kauf von „Meterbuch“, aber einmal zuhause ausgepackt, schon ab ins Regal und aus. Es gibt natürlich Zeiten des Lesens, abends, wenn z.B. so wie in good olde hometown now, die Sonne auf die Birne schackelt, dass es nur so kracht und man abends die Sonnenhungrgen mit roten Hautteilen durch die Straßen torkeln sieht. Da kann man dann ganz gut nicht lesen wollend, mottorradln, einkaufen, eben sonne liegen (aber nicht lesen) oder anderes schönes und erzählenswertes (und sofort auf Facebook posten!) mehr. Aber ich forsche nicht weiter, weil ja nicht interessant: Liebe wieder mal was aus der Welt der Teilpersönlichkeiten mehr...

Bobos – Lebensstil einer neuen Elite: Cirka in der Mitte des Buches wurde ich zum ersten Mal gewahr, nachzuschauen, aus welchem Jahr das Buch stammt und ich war ein bisschen erschrocken: 2002. So viel Zeit ist seitdem vergangen und so oft habe ich schon von diesem Begriff gehört, ihn verwendet und auch mit Fakten usw. wiedergegeben: BOBO – steht für burgeuoisen Bohemian, dem „Lebenstil der neuen Elite“. Sie (wir?) vertreten eine liberale Denkrichtung, sind kreativ und verdienen damit gut (oder sind bereits reich). Bildung und Erfolg sind Grundvoraussetzung für einen unkonventionellem Zugang zu Wohlstand und trotzdem ausgeprägten Idealismus. Und das Buch will als Leitfaden dienen, diese neue Klasse (Achtung! Trend!) zu akzentuieren. Es ist wie ein wenn hier zusammenkommt, was normalerweise nicht zusammenpasst. Alles ist möglich und erfolgreich sowieso. Das Buch ist grob in 7 Kapitel unterteilt, die die wichtigsten Eckpfeiler des Boboismus beinhalten sollen: Konsum, Wirtschaft, Intellektuelle, Freizeit, Spiritualität, Politik und natürlich Aufstieg. Wer jetzt erwartet, eine Anleitung vorzufinden, ein wie angekündigt, ironisches Bonmot oder gar Standardwerk wird enttäuscht. Gut dreiviertel jedes Kapitels werden mit der Historie und Entstehung dieser neuen Klasse verbracht, genauer, unter welchen Umständen Bobos (in Amerika!!!) entstanden und warum sie so sind, wie sie sind. Das ist legitim, keine Frage und doch habe ich vom übriggebliebenen Viertel erwartet, das diese Klasse, diese herrschende allesumfassende und ausgeprägte Klasse, niederschlag findet in jedem der o.g. Bereiche, vor allem aber in Gesellschaft und Kultur – doch weit gefehlt, denn 2002 ist nicht 2009. Alles egal – das Buch erfüllt nicht die Ankündigungen, und dem Titel wird es erst gar nicht gerecht. 2009 bin ich das vielleicht für ein Werk von 2002 auch nicht, schade ums schrottdrumm.

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