Mittwoch, 7. April 2010

Bildersprache

Noch seltener als Familienfeiern stattfinden, ist es, bei diesen Anlässen die wenigen ordentlichen Fotoalben (in Stunden hergestellt, in denen man WIRKLICH nichts zu tun hatte) und die vielen, vielen verstreuten Bilder die Runde gehen zu lassen. Zumeist entdeckt ein gelangweiltes und stöberndes Mitglied irgendwo beim Kontrollgang in der Wohnung ein Bild, welches für den Besitzer sofort zur Folge hat, seine Ablichteschatztruhen für diese Mitglied zu öffnen und zu hoffen, dass man unbeschadet, ohne in Geschichten zu verfallen, die Mini-Show überlebt. Unerhofft bleibt es bei der intimen Beschau eher nicht– vermutlicher zieht das die Zeitzeugen so massiv in den Bann, sodass sich die gesamte Gesellschaft vom Tisch aufs Sofa bemüht und in heiterer Laune das Besehene bespricht.
In modernen Zeiten, wie den unsrigen (wobei ja jedes Jahr modern ist, man will halt den Minivorsprung gegenüber den früheren Zeiten viel heller erscheinen lassen) gibt es ja ach so vieles am Computer, wie auch die unzähligen Schnappschüsse der letzten fünf Jahre – nur anschauen will die niemand so recht; zu klinisch, zu umständlich(?) - da heißt es in Zeiten, an denen man noch ein bisschen mehr Zeit hat als wirklich nichts zu tun, aussortieren und ausdrucken (entwickeln hieß das früher). Wer seine Lebensmitte bereits überschritten, darf sich einer Fotosammlung rühmen, die aus cirka 50% Bilder der Kategorie „Mist, da muß ich jedes Bild kommentieren, warum es denn sooo schlecht ist“ besteht – weil immer alle Bilder der Filmrolle entwickelt wurden und man nie aussortiert hat.
Der Geistesablauf für viele der teilnehmenden Gucker selbst ist ähnlich, es gilt das folgende Martyrium durchzustehen:
  1. So bescheuert hat man einmal ausgesehen
  2. So jung werde ich nie wieder sein
  3. DAVON gibt es wirklich Bildmaterial?
  4. Zum Glück sind die Menschen vergeßlich
  5. DAS gehört da eigentlich nicht hin
  6. wer wie wo war das denn noch mal
  7. Lustig, schau mal! (um abzulenken)
  8. Zum Glück ist es bald vorbei
Und mit dieser tiefen Schau in die Untiefen menschlichen und vor allem familiären Daseins darf man sich kurz hineindenken und fühlen, was es damals alles so festzuhalten gab. Manches mal sind das Personen non grata – darüber und ein bißchen mehr hüllt sich eine Familie in Schweigen. Es gibt keine Familie, die nicht ihre kleinen Geheimnisse mit sich herumträgt. Oft so sagt man, sind es diese Feinheiten die den Unterschied ausmachen; ob man zum innersten Kreis gehört, oder einfach nur zugerast, nie die Hintergründe verstehend einfach so am Tisch beisitzt. Manchmal Anlass für Schmerz, Trauer aber auch Freude dieses einmaligen Augenblicks. Dass dabei so manche Blüte ihr Unwesen treibt, die erklärt werden will ist auch klar.
Danach fühlt man sich um vieles den Menschen verbundener, die man so unterschiedlich betrachten durfte und manch einer nimmt sich vor, wieder mehr zu knipsen. Für eine ganz private Rückschau an ein Gestern, das festzuhalten oft nur auf Fotos möglich ist.

P.s. Technisches Retrodetail - Wer Fotos sein eigen nennt, die rückwärtig einen Magnetstreifen besitzen, kann anhand eines tauglichen Abspielgeräts manchmal auch die eine oder andere Story über das Bild erfahren. Sehr viel Zeit, Akribie und Information des Bildbesitzers vorausgesetzt. Da knüpfen in meinem Kopf schon die tollsten Geschichtenspinnen ihre Netze…

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen