Dienstag, 10. Februar 2009

Als ich Josef Winkler an der Kasse stehen sah,...

...habe ich mich an sein, für mich, letztes Buch erinnert. Beim Vorbeigehen, ganz kurz nur, haben wir uns in die Augen geschaut. Ich habe gegrüßt, aber nicht mehr gesehen, ob´s erwidert wurde - glaube aber eher nicht. Und ordentlich und gsund hat er ausgschaut - gfreut hats mi.

Btw: Will die bereits einmal veröffentlichte Rezension nützen, um auf das ganz gute Gesamtwerk dieses aussergewöhnlichen (Kärnten!) Autors hinzuweisen - besonders im Hinblick auf Büchner- sowie Staatspreis-Träger 2008! Exklusiv im Suhrkamp - Verlag...

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Winklers « Roppongi » - eine Kyrie des Todes

Ein „Requiem für einen Vater“, so der Untertitel, schrieb sich der Kärntner Autor Joseph Winkler von der Seele, der uns oft zuvor schon auf wilde Reisen durch die Untiefen derselben mitnahm. Selten zuvor war er jedoch so lesbar.

Winklers Reisen nach Indien sind mittlerweile literarische Grundlage seiner Werke geworden. Er erzählt von den Millionen Geiern, die das Bild Indiens maßgeblich mitprägten und plötzlich verschwanden. Von der falschen Tier-Medikation und das (Aus-)Sterben als Folge, von den Einäscherungzeremonien der Bewohner am Ganges und der Bedeutung roter indischer Tagebücher, die seine Gedanken aufzufangen imstande sind. Unterbrochen werden die Beobachtungen, Beschreibungen und zum Ausdruck gebrachten, tiefen Empfindungen von Geschichten, die das „Kärnten“ Josef Winklers zeigen: Jene Zeit, als er Ministrant in Kamering war, die Füße unter den elterlichen Tisch verbarg und den Allegorien des Vaters lauschte. Eben jenes Vaters, der als Ackermann Eingang in die literarische Welt fand und Josef Winkler auf entscheidende Weise mitprägte. Abwechselnd reiht sich eine Kurzgeschichte an die nächste, stets umgeben von der Bewusstheit um Tod und Vergehen.

Der „Ackermann von Kärnten“ ist Tot

Vom Tod des Vaters erfährt Winkler in einem japanischen Stadtteil, in Roppongi, durch den er auf der Suche nach Kerzen irrt; auch auf der Suche nach den Resten von Kindheit, Erziehung und Liebe. Winkler kann sich nicht mehr erinnern, dass ihn sein Vater nur einmal am Schoß „gelockt“ habe – sehr gut in Erinnerung bleiben aber die Stricke für die Kälber, mit denen sich damals die zwei Jungen an einem Balken erhängt haben.

Knappe 100 Jahre hat sein Vater, Jakob Winkler gelebt, knappe 100 Jahre gearbeitet und die gleich lange Zeit auch das Leben um ihn herum bestimmt. Man erfährt von der Kargheit, der Sparsamkeit und vom einfachen Bauernleben. Alles schon mal gelesen und gefühlt – doch Winkler schafft eine neue Verbindung, zwischen dem bekannten Kärnten und einer neuen Welt, die nach ganz eigenen Regeln funktioniert und in der das Sterben zum Leben gehört.

„Roppongi“ ist keine Abrechnung und kein Verschließen offener Wunden – Winkler bleibt sich treu, erfindet aber eine Sprache, die nicht mehr nur in Gut oder Böse teilt. Es ist ein lesbarer Abgesang an eine Vergangenheit, die Grundlage für sein Schreiben war. Es ist aber auch ein Bekenntnis an die Entdeckung einer neuen Welt, die Wege bereithält, mit dem Tod und vor allem auch dem Leben umzugehen. Wir dürfen Josef Winkler dabei ein Stück begleiten.

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