Freitag, 2. Januar 2009

Über Axel Formeseyns ´Voll die Latte` und darüber hinaus

Schon seit geraumer Zeit kaufe ich mir mehr oder minder regelmäßig die Zeitschrift 11FREUNDE, immer mit dem guten Gewissen, dem üblichen Fußballgequatsche in Fanzeitungen auch etwas Witziges und Intelligentes abgewinnen zu können. Und der Vereinsmeierei kann ich oft nichts abnagen. Viel zu selten schau ich mir dann an, wer da so alles in diesem Magazin mitschreibt – was da nicht alles für Querverbindungen zu entdecken sind, wer wo schreibt oder auch einmal, das der und oder jene ein Buch geschrieben hat. Bei mir, das sei euch, liebe Redakteure und Verfasser diverser Rezensionen und Artikel in Mitteleuropa gesagt, funktioniert es am Besten, die entsprechenden Artikel mit Querverweisen vollzustopfen, denn dann steigt mein Interesse in alle Richtungen weiter zu investigieren ungeheuer. Und genau an dem Punkt trifft sich meine Fußballbegeisterung mit dem Geschriebenen. Als ambitionierter (Vereins-) Spieler, jetzt Amateurkicker dem Sport auf ewig verbunden, entdecke ich für mich die theoretische Seite, das geschriebene Wort der vielen Journalisten, Buchautoren und auch Schriftsteller, die am Fieberfußball „leiden“. Nach dieser, unser aller Europameisterschaft 2008 und dem moto-motto „Wir sind (Fußball)-Kaiser“, mit Literaturtipps eingedeckt, endete meine Begeisterung für Fußball just in dem Moment des Finalschlusspfiffs. Was war das doch für ein Trauerspiel, diese 14 Tage der Fußqual in KlaFu.

In ganz großen Lettern steht es auf dem Einband des Buches: 11Freunde – edition. Aha für mich, da hat doch genau so ein Schreiberling des Magazins ein Buch geschrieben. Und was für eins. Axel Formeseyn a.k.a „Acki“ beschreibt auf über 180 Seiten die Kurve seines Lebens bis cirka dem 30. Lebensjahr und auch die Erfahrungen im gleichnamigen Rund innerhalb des Stadions seines Vereins, dem HSV. Echte Begeisterung von schon sehr, sehr jungen Jahren weg, begründen die Liebe zu diesem Verein und dem damit verbundenen Sport. Die ersten Schritte, die ersten Spiele, die erste Liebe, eine Beziehung mehr, Verlust und immer wieder Fußball – so habe ich mir Nick Hornbys ´Fever Pitch´ vorgestellt und habe bei diesem irgendwo in der Mitte aufgehört zu lesen – Hornby (over)hyped.

Meine persönlichen Erfahrungen in der „Kurve“ beschränken sich auf ein paar Heimspiele in einem alten Betonrund vor gut zehn Jahren, viel mehr den Freunden und dem Alkohol verbunden als den Ackerrumplern, die vergeblich meine Begeisterung zu entfachen suchten. Seit dem Stadionbau zählte ich mich zu den Gelegenheitsguckern, manchmal auf Einladung der Politik, Wirtschaft, egal, Hauptsache for free ins Tollhaus – wieder einmal mehr als soziale Beschäftigung. Fanklubs als Antwort auf die Frage, warum man sich in der Kälte einen absabbert, waren noch nie befriedigend für mich, in solch einem Provinznest wie dem unseren. Auch war ich nie zu echter Begeisterung, einem Fan-tum für andere Fußballer, ich als Mensch und zeitgleich Massentier, befähigt. Fanklubs übten schon großen Reiz aus, auch bekennen von Flagge, zu oder für etwas sein,..Jaja, das hat schon was. Schon eher noch passierte es viel öfters, dass der Freund einer Großcousine in der ersten Mannschaft mithampelt(e) und man aus Verbundenheit doch hin und wieder die „einzigartigen Spiele der genialen Heimmannschaft“ mitleidig und heimlich verachtend bejubelte. Selber kicken ist durch nichts zu ersetzen – ich pfeife ganz oft auf Interpassivität; das delegierte Genießen, das Leiden schafft.

11FREUNDE und dann Voll die Latte, na das ist doch genau mein Ding. Freunde und Latte, egal ob am Körper oder mit Milch, höhö... Spaß beiseite, oder? Was oft auf den Buchrücken versprochen wird, durfte ich in diesem Werk erleben – lautes Auflachen, plötzliches Kichern, mit Acki mitweinen und auch das ganz große Ding: Liebe und Beziehung, zur Freundin und einem, na...Ding, Etwas...in dem Fall: einem Verein. Es tat ganz einfach gut, sich mit Acki zu identifizieren, ganz normalem Alltag nachzugehen, einer Arbeit, sich dem Leben, dem Alltag zu widmen und in dieser Zeit zu wissen, dass es nicht viel braucht, glücklich zu sein: Liebe, Freundschaft und einer Leidenschaft. Ganz nebenbei weiß man natürlich, dass man nicht immer glücklich sein kann, nicht immer geliebt wird und man auch mal alleine (einsam eher) ist. Manchmal verliert man die Heim- und die Auswärtsspiele, manchmal steigt man ab – aber auch wieder auf und das schönste ist: manchmal wird man Meister. Und dass weiss man – dank Axel Formesyn in einer wunderschönen literarischen Form. Wie nur was.

Buch:
Formeseyn, Alex: Voll die Latte, Europa Verlag, 2006.

weiterführende Info:
Interpassivität und delegiertes Genießen, aus: Pfaller, Robert: Die Illusion der anderen. Über das Lustprinzip in der Kultur, edition suhrkamp, Frankfurt, 2002.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen